Ihr Vater musste 1976 zunächst unverrichteter Dinge aus dem Hamburger Standesamt abziehen. Nicht Marlene, nicht Merle wollten er und seine Frau ihre Erstgeborene nennen – was damals auch eher ausgefallen gewesen wäre –, nein, Marle sollte es sein. Der Name war ihnen auf der Suche nach „etwas Außergewöhnlichem“ in einem Namensbuch begegnet. „Der Standesbeamte fand, das sei kein Name, und meine Eltern sollten etwas Geläufigeres mit Bindestrich anhängen“, erzählt Marle. Als Klassik-Fans entschieden sie sich ziemlich spontan für Cosima, nach Cosima Wagner.
Aber der Bindestrich, dieser verflixte Bindestrich – im Schulalter war er der Hauptgrund dafür, dass Marle ihren Namen von Herzen hasste. Bei ihrer Schwester, die mit dem Namen Bele–Pamina beglückt wurde, war es genauso. Ihre Eltern riefen die Mädchen zwar Marle und Bele, „als Koseform wurde aus Marle auch mal Minchen“, aber die Lehrer bestanden darauf, den vollen Namen zu nutzen: Marle-Cosima. Auf dem Gymnasium entwickelte sich daraus sogar ein Spitzname, den allerdings nur die Mitschüler gebrauchten: Marco. „Das fand ich noch ganz lustig. Ich war eher der robuste Typ, hab Fußball gespielt und wurde oft für einen Jungen gehalten.“
Dass ihr Name selten war, gefiel Marle schon als Kind recht gut. „Kein Wunder, wenn man dreimal Markus und viermal Julia in der Klasse hat, oder?!“ Allerdings musste sie ihn, wie wohl alle Träger seltener Namen, oft erklären und konnte so schon früh darüber referieren, dass es sich bei Marle um eine Kurzform von Maria Magdalena handelt. Das wiederum nahmen Klassenkameraden (eben jene heimlich neidischen Markusse und Julias?!) zum Anlass, sie „Maria Magdalena“ zu rufen. „Damit konnte man mich ganz gut ärgern.“
![Mein seltener Name und ich]()
Auf ihre Volljährigkeit freute sich Marle aus einem besonderen Grund: „Ich bin gleich los und habe den blöden Bindestrich streichen lassen. Das ging problemlos und hat hundert Mark gekostet. Das war mir die Sache auf jeden Fall wert.“ Endlich war ihr Verhältnis zu ihrem Namen ungetrübt, und er gefiel ihr immer besser. „In meinen Zwanzigern fand ich ihn dann richtig schön, das hat bis heute angehalten.“ Sie mag, dass er selten ist und andere ihn sich gut merken können, „besser sogar als meinen Nachnamen. Ein bisschen kommt man sich durch den Namen schon als was Besonderes vor.“ Außerdem ließe sich Marle in allen geläufigen Sprachen gut aussprechen. Behörden oder Banken schreiben sie öfter als Marie an, doch das stört sie nicht weiter.
Derzeit schreibt Marle Namenslisten mit A, ein Dutzend pro Geschlecht hat sie schon. Dabei schwelgt sie in klassischen und altdeutschen Namen, Ambrosius ist darunter und ihr absoluter Lieblingsname Alwine. Der würde ihr auch an einem Kind sehr gefallen. Tatsächlich startet Marle aber als Hundezüchterin und freut sich schon sehr auf ihren A-Wurf.