Dieser Text beginnt mit langen Beinen und langen blonden Haaren … einer Erinnerung an meine Jugend in den 70ern zuliebe. Damals kannte jedes Kind die Entertainerin Marlène Charell. Aus Winsen an der Luhe stammend, hätte „Miss Longlegs“ die Welt mit ihrem Geburtsnamen Angela Miebs wohl kaum beeindruckt. So entschied sie sich bei ihrem Karrierestart in Paris in Anlehnung an, na klar, Marlene Dietrich für ihr Pseudonym.
An jene Marlène musste ich denken, als mir neulich in einer Online-Diskussion als (Zweit-)Namensvorschlag Marlené unterkam. Marlené? Ja, genau so sollte das sein. Mein Einwand, dann müsse man ja „Marleneh“ sagen, wurde von der Schreiberin damit abgetan, dass sie zwei so geschriebene Mädchen kenne und diese „Marlen“ gesprochen würden. Aha.
Seit Jahren schon umschwirren junge Eltern den Namen Marlene wie Motten das Licht: Obwohl er alt (oder klassisch) wirkt, war er anders als die meisten Namen dieser Kategorie noch nie so populär wie heute (2017: Platz 37). Der eng verwandte Namen Marleen/Marlen schaffte es auf Platz 123 – bei den Erstnamen. Bei den beliebtesten zweiten Vornamen ist Marleen ein regelrechter Star: Platz 16. Für Marlene gibt es dort aber auch immerhin Platz 44.
Dem Wunsch nach einer „Marlene ohne e“ begegnet man im Netz immer wieder. An der Umsetzung scheiden sich die Geister. Es gibt tatsächlich Leute, die meinen, Marlene werde „doch sowieso von den meisten ohne das e gesprochen“. Das zu hören hat mich wirklich verblüfft. Ist die Dietrich nicht mehr bekannt? Steckt vielleicht Nähe zum französischen Sprachraum dahinter? Andere schwanken zwischen Marlen („Oder sieht das unvollständig aus?“) und Marleen. Wobei letztere Variante nicht unproblematisch ist. Damit meine ich nicht etwa einen Anklang an gewisse Ostnamen (Doreen, Kathleen), sondern die Tatsache, dass mancher den Namen „Marlien“ spricht. Vermutlich wird das Liedchen von „Lili Marleen“ längst von Film- und Serienfiguren aus dem Amerikanischen überlagert. Ebenso scheint die Rosenbergsche Eifersuchtshymne („Marleen, eine von uns beiden muss nun gehen“) allmählich in Vergessenheit zu geraten.
Last but not least: wilde Experimente mit diesen interessanten Strichelchen, siehe oben. Das Bedürfnis nach einem accent, der einen einzelnen Buchstaben stummschaltet, scheint groß zu sein; anders kann ich mir – am Rande bemerkt – auch einen an anderer Stelle aufgepickten (Zweit-)Namensvorschlag wie Rosé nicht erklären. Doch noch mal deutlich: Dafür ist der nach oben rechts gerichtete accent aigu nicht da, ganz im Gegenteil. Das bekannte Wörtchen Café spricht man ja auch nicht „Kaff“. Der nach links oben gerichtete accent grave löst das Problem an dieser Stelle aber auch nicht. Marlène („Marlän“) Charell dagegen wusste natürlich, wie’s richtig gemacht wird.
Merke: Was in Namensforen im Brustton der Überzeugung geäußert wird, kann völlig falsch sein – was wir natürlich längst wussten, aber trotzdem. Zum Schluss noch ein paar Fakten aus der Datenbank von beliebte-Vornamen zu den Jahrgängen 2007 bis 2017 (erfasst wurde rund ein Viertel der Geburten in Deutschland):
- Die Schreibweise Marleen ist viel beliebter als Marlen – über 70 Prozent der Mädchen, die mit ersten Namen Marleen oder Marlen heißen, werden mit ee geschrieben. Bei den Zweitnamen sieht es ähnlich aus.
- Eltern, den ein englischer Touch gefällt, könnten sich unter den sehr seltenen Formen Marlien, Marlin, Marlyn, Marlie oder Marlee (wird doch sicher nicht „Marleh“ gesprochen?!) umschauen.
- Vereinzelt wird auch der Name Marlen mit einem accent aigu oder (noch etwas seltener) accent grave auf dem e geschmückt.
- Nimmt man alle Erst- und Zweitnamen-Marlenes zusammen, egal ob mit oder ohne Akzent, werden 99,7 Prozent ganz simpel Marlene geschrieben. Lediglich bei 0,1 Prozent finden wir die französische Marlène vor, bei 0,16 Prozent Marléne (?!). Eine Marlené wurde nicht erfasst.
- Nö zu Noél
- Emilie – es ist kompliziert
- Aussprache schlägt Schreibweise?
- Mein seltener Name und ich: Merlin / Marle
- Diakritische Zeichen sind die Tätowierungen unter den Babynamen